Ich habe die Macht, NEIN zu sagen!

Macht haben ist eine Sache. Sie nutzen, eine ganz andere.

Seit einigen Tagen herrscht enorme Empörung, berechtigte Wut und verständliche Enttäuschung unter Autoren und Autorinnen. Es ist ein altes Thema, das neu aufgewühlt wurde und dass ich bereits einmal kurz hier in meinem Blog angesprochen habe, indem ich einen Beitrag meiner Kollegin Swantje Berndt geteilt habe: Datendiebstahl und eBook-Klau.
Einer nach dem anderen regt sich öffentlich auf. Einem nach dem anderen wird klar, dass es diese Diebstähle schon gab, als die ersten eBooks den Markt erobert haben. Internetseiten, die ich aus guten Gründen nicht nennen werde, bieten kostenpflichtige eBooks zum kostenlosen Download an. Ebenso wie Filme, Musik, Spiele, Programme … einfach alles, was man als Datei kaufen kann gibt es irgendwo auch als kostenlosen Download.
Aber das Schlimmste an der Sache ist nicht, dass es diese Seiten und diese Downloads gibt, die uns, die Autoren, Filme- und Spielemachen, Sprecher von Audiobooks und Musikern, die Existenz kosten. Das Schlimmste ist nicht, dass bekannte und „Fans“ diese Dateien herunterladen, statt sie legal zu kaufen.
Nein, das Schlimmste ist doch eigentlich, dass wir vollkommen machtlos sind. Das wir nichts dagegen tun können. Wir können uns nur aufregen und ein ungehörtes, schmerzverzehrtes und verzweifeltes NEIN herausbrüllen!

Jedes Mal, wenn ein neuer Autorenbeitrag auf Facebook oder im Socialnetwork auftaucht, der die Wut und die Fassungslosigkeit des betroffenen Autors zeigt, schnürt sich mir die Kehle zu. Mein Herz fühlt sich mit einem Mal schwer und müde an. Meine Finger fangen an zu zittern. Meine Augen füllen sich mit Tränen. Hoffnungslosigkeit und Schmerz breiten sich aus. Ich schreie Innerlich, verfluche die Neuzeit, in der es so schrecklich einfach ist, Diebstahl zu begehen. Kaum einer geht in den Buchladen und steckt einfach unbezahlt ein Buch ein. Wieso auch? Man kann sie „gefahrlos“ im Internet herunterladen, stehlen! Denn das ist nichts anderes! Es ist genau dasselbe! Für uns Autoren sogar noch viel schlimmer, als wenn der Täter einen Buchladen betritt und sein Buch dort stielt. Denn diese Bücher wurden UNS bereits abgekauft. Für diese Bücher wurden wir bezahlt und der Schaden wird an ganz anderer Stelle angerichtet.
Die eBooks allerdings … sind verloren. Verlorenes Geld in Massen!
Tausende von Klicks auf illegalen Seiten. Klicks und Downloads. Massendiebstahl im großen Stil und wir, die Autoren, sind machtlos! Wir können nur dasitzen und verzweifelt zusehen, wie die illegalen Downloadzahlen steigen, wenn wir es überhaupt mitbekommen. Wenn wir überhaupt einen Schritt in solche Portale wagen, in denen sich die kriminellen Machenschaften häufen wie nichts Gutes.
Wir tun es nicht – ich zumindest nicht und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sehr viele andere Autoren sich DAS antun.
Und dann passiert wieder etwas Neues. Die inzwischen gelöschte und doch „berühmte“ Facebook-Gruppe bietet kostenpflichtige eBooks zum kostenlosen Download an. Dropbox-Ordner werden erstellt, wo man die „rechtlich kostenlos erhaltenen Rezensionsexemplare“ einfach blind weiter gibt.

Es schmerz. Er sticht. Es brennt. Es wummert in meinem Inneren. Es zerreißt mich und macht mich wütend. Nein, wütend ist gar nicht das richtige Wort. Es reicht nicht annähernd, um zu beschreiben, was in mir (und den anderen Autoren) vor sich geht bei dieser Vorstellung!
Es weckt Rachegelüste! Besonders dann, wenn man es zu 100% selber in der Hand hat, ob man den eBook-Diebstahl zulassen will, oder nicht.
Und trotzdem … machtlos.

Natürlich können wir uns hinstellen und sagen: „Gut, dann werden meine Bücher eben nicht mehr als eBook erscheinen.“
Ich könnte das. Eine Menge Selfpublisher könnten das. Viele Verlagsautoren haben die Möglichkeit allerdings nicht, denn ihre generelle Veröffentlichung hängt davon ab, ob sie ihrem Verlag die eBook-Rechte überschreiben oder nicht.
Und selbst wenn wir, die wir diese Wahl haben, uns gegen eine eBook-Veröffentlichung wehren, würden wir damit in Granit beißen. Wir würden eine große Einnahmequelle verlieren, denn es gibt durchaus auch sehr viele ehrliche Leser. Ehrliche Käufer. Ehrliche Fans. Wir würden uns ins eigene Fleisch schneiden und trotzdem ist dieses Verlangen da. Dieser Wunsch. Dieser Trotz. Dieser Dickkopf. Bei mir ist er vorhanden und ich erwische mich in immer kürzeren Abständen und immer länger andauernden Minuten bei dem wütenden Gedanken: „Keine eBooks mehr! Sie kotzen mich an! Sie ruinieren alles! Sie sind eine grauenhafte, widerliche und schreckliche Erfindung!“
Es dauert immer länger, bis mich die Stimme der gelassenen Vernunft zurück in die Realität holt und mir erklärt, dass in der heutigen Zeit kein Verlag und kein Autor mehr auf eBooks verzichten kann, wenn er überleben will.
Aber die Stimme wird leiser.
Immer leiser.

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